Entstehungsgeschichte der EJBW
Die Diskussionen um die Errichtung einer international orientierten Jugendbildungsstätte am Standort Weimar reichen bis in das Jahr 1990 zurück. Dabei spielten vor allem die Geschichte und Gegenwart des Lernorts Weimar eine wichtige Rolle. Zentraler Punkt der Verhandlungen war die Frage des Standorts: Sollte die Bildungsstätte im Ortsteil Holzdorf oder doch mitten in der Stadt stehen? Dem Engagement der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, des Arbeitskreises deutscher Bildungsstätten (AdB) und zweier Stifter ist es zu verdanken, dass die Bemühungen um die zu schaffende Bildungsstätte schließlich erfolgreich waren.
Im Jahre 1996 gründeten der Freistaat Thüringen und die Stadt Weimar die Stiftung Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar (EJBW). Man beschloss schließlich, sie zentral in der Weimarer Innenstadt anzusiedeln – eine konzeptionelle Entscheidung für die räumliche Nähe zu Tradition und Geschichte der Stadt Weimar und damit dafür, die Stadt wirklich als »Lernort« zu nutzen.
Gebaut und saniert wurde die Begegnungsstätte in erster Linie mit Mitteln des Freistaates Thüringen und des Bundes. Bis zur Fertigstellung bezog die EJBW zwei Räume an der Buttelstedter Straße. Die offizielle Eröffnung fand am 3. September 1999 im Rahmen des Europäischen Kulturstadtjahres Weimar statt. Heute verfügt die Einrichtung über hervorragende Seminar- und Tagungsmöglichkeiten: Ein zentrales Hauptgebäude, fünf Gartenhäuser, das historische Reithaus und zwei alte Stadtvillen laden zu Bildungsveranstaltungen und Tagungen ein. Die EJBW ist heute eine bundesweit und international vernetzte Jugendbildungsstätte und darüber hinaus ein attraktiver Tagungs- und Übernachtungsort in Weimar.
Geschichte des Reithauses
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Stadtschloss und zur Herzogin Anna-Amalia-Bibliothek liegt das historische Reithaus.
Das Reithaus wurde von 1715 bis 1718 durch Christian Richter im barocken Stil erbaut. In den Jahren 1803 und 1804 gab der Architekt Heinrich Gentz einen Umbau in Auftrag. In dieser Zeit erhielt das Haus die klassizistische Fassade, die heute noch zu sehen ist.
Das Reithaus hat, wie die Stadt Weimar, eine höchst bewegte Geschichte. In den Jahren 1767 bis 1768 führte die Starcksche Theatergesellschaft in diesem Haus Lessings »Minna von Barnhelm« auf. 1790 gastierte ein französisches Straßentheater: Der Franzose Burdot bot vor dem Reithaus den Schaulustigen ein Feuerwerk. Während der Schlacht bei Jena und Auerstedt (Preußen gegen Napoleon) im Jahr 1806 diente es der Unterbringung gefangener Preußen und Sachsen. 1821 gastierte der französische Kunstreiter Tourniaire mit Seiltanz und Reitkünsten im Reithaus, ein Jahr später brachte er wilde Tiere mit: Löwen, Leoparden, Eisbären und Gazellen.
Bis 1845 war das Reithaus unter fürstlicher Verwaltung. Später ging es in städtischen Besitz über. Im Jahr 1855 diente es nach einem Brand im Zuchthaus als provisorische Unterkunft für die Häftlinge. 1920 fand ein Umbau statt, der den Zweck »Reithalle« fortan verunmöglichte. Das Bauhaus hatte geplant, das Reithaus als Ausstellungsraum auszubauen – diese Pläne wurden jedoch abgelehnt. Schließlich wurde aus dem Reithaus ein Verwaltungsgebäude der Landesregierung. Das Bauhaus lieferte die Pläne zum Ausbau und erhielt zwei Erdgeschossräume für eigene Zwecke.
Nach Kriegsende fand eine gründliche Renovierung statt. Von 1947 bis 1948 hatten die Ministerien für Gesundheit und Verkehr ihren Sitz im Reithaus. Ab 1951 wurde das Gebäude als Kinderkulturzentrum (Haus der Pioniere) genutzt. Nach 1989/90 konnte das Gebäude dank einer engagierten Bürgerinitiative für die Kinder- und Jugendarbeit erhalten werden – und beherbergte zwischen 1991 und 1996 ein Schülerfreizeitzentrum.
Seit dem 10. Juli 1999 ist das Reithaus nach einer gründlichen Restaurierung Seminar- und Veranstaltungshaus der EJBW. Es ist integraler Bestandteil der Bildungsstätte und wird sowohl für die Seminararbeit, als auch für große Veranstaltungen und Tagungen genutzt. Das Reithaus steht unter Denkmalschutz.